Datenschutz – entscheidend für eine freie Gesellschaft

- Dezember 17, 2012

Als ich Mitte der achtziger Jahre meine Freundin in Ost-Berlin besuchte, führte einer unserer ersten Wege immer in die nächstgelegene Polizeistation. Dort musste ich meinen Pass vorzeigen und meinen Besuch anmelden. Später musste ich mich zusätzlich in das sogenannte Hausbuch eintragen, das von einem linientreuen Bewohner des Mehrfamilienhauses verwahrt wurde. In diesem Buch waren alle Leute mit Name, Anschrift, Passnummer und Datum des Besuchs (von … bis) gelistet, die in den letzten Jahren einen der Bewohner des Hauses besucht hatten.

Transparenz und Diktatur

Daran dachte ich, als ich letzte Woche im Magazin der Süddeutschen Zeitung (Nr. 50, 14.12.2012) in einem Interview mit Byung-Chul Han, Professor für Philosophie und Kulturwissenschaften an der Universität der Künste in Berlin, die folgenden Sätze las:

Frage: „Peer Steinbrück wurde heftig angegriffen für seinen Satz: Transparenz gibt es nur in Diktaturen“.

Antwort: „Dabei hatte er recht. Totale Transparenz ist nur durch totale Kontrolle möglich und die gibt es nur in einer Diktatur. Es gehört zur Demokratie, dass die Menschen nicht alles wissen können. In der Demokratie gibt es Räume, die man nicht durchleuchten darf. <Neues Wort für Gleichschaltung: Transparenz>, hat der Journalist Ulrich Schacht geschrieben, der 1973 in der DDR wegen <staatsfeindlicher Hetze> zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Erst jetzt verstehen wir, was er gemeint hat. Es gibt eben nicht nur Schwarmintelligenz, sondern auch Schwarmdummheit und Schwarmdiktatur“.

Ich denke, auch auf die Frage nach dem Sinn und der Notwendigkeit von Datenschutz in einer vernetzten Welt kann es kaum eine bessere Antwort geben.

Sehr zu denken gibt auch ein weiteres Zitat aus diesem Interview:

Frage: „Wael Ghonim, Marketingexperte bei Google, gab den Slogan aus: <Um eine Gesellschaft zu befreien, braucht man ihr nur Zugang zum Internet zu geben>. Was sagen Sie dazu?“

Antwort: „Denken Sie an China und den Iran. Das Internet ist dort ein äußerst effizientes Medium der Kontrolle. Die digitale Vernetzung schafft ein digitales Panoptikum. Und das funktioniert perfekt, weil sich inzwischen jeder freiwillig entblößt. Ausleuchtung ist Ausbeutung – und beides lassen wir inzwischen bereitwillig zu, nein, wir wollen es selbst. Wir führen uns frei in der Ausbeutung. Das macht die Kontrollgesellschaft so effizient“.

Die sogenannte „Post-Privacy“ Bewegung, die sich die Abschaffung von Datenschutz auf die Fahnen geschrieben hatte, ist ja zum Glück recht bald wieder in der Versenkung verschwunden, war mein nächster Gedanke. Auch die Piratenpartei mit ihrer Forderung nach allumfassender Öffentlichkeit und Transparenz scheint demnächst ein ähnliches Schicksal zu ereilen. Wirklich schade ist das nicht.

 

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