DSGVO: Speicherung von Adressdaten

- April 9, 2019

Zwischen 1997 und 2001 war ich eine Legislaturperiode lang Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft.

Jetzt, 20 Jahre später, bekam ich vor ein paar Wochen ein Schreiben der Bürgerschaftskanzlei. Die Bürgerschaftskanzlei ist die Rathausverwaltung – so könnte man sie informell nennen – die Servicestelle für die Abgeordneten und Öffentlichkeit. Von dort schrieb mir jetzt der Leiter des Stabsbereichs Protokoll, Projekte und Veranstaltungen:

„Auch von Ihnen haben wir Daten gespeichert. Allerdings dürfen und möchten wir diese Speicherung nur aufrechterhalten, wenn Sie ihr zustimmen. Gleichzeitig ist es unser Wunsch, die vorgehaltenen Daten aktuell zu halten“.

Einwilligung in die Speicherung von Kontaktdaten

Man würde sich freuen, wenn ich das beiliegende Datenblatt durchsehen, ggfls. korrigieren und zurückschicken würde. Falls ich das nicht innerhalb von 6 Wochen tun würde, würde man davon ausgehen, dass ich die Löschung meiner Daten wünsche. Falls ich die Einwilligung unterschreiben würde, würde man meine Daten u.a. für die Einladung zu Veranstaltungen oder für die Zusendung von Unterlagen verwenden.

Ich fand dies in zweierlei Hinsicht einen bemerkenswerten Vorgang. Zum einen deshalb, weil ich auf diesem Wege erfuhr, dass mein Name und meine Anschrift nach all der Zeit immer noch in der Bürgerschaftskanzlei gespeichert sind. (Laut des Datenblatts waren es tatsächlich nur Namen und Anschrift, nicht mal das Geburtsdatum, eine E-Mail-Adresse oder eine Angabe zu meiner damaligen Funktion).

Art. 6 Abs. 1 lit f) DSGVO, berechtigtes Interesse?

Der Gedanke, der sich gleich daran anschloss, war: hätten sie das nicht über Art. 6 Abs. 1 lit f) DSGVO ohne Einwilligung lösen können?

Nach Art. 6 Abs. 1 lit f) findet in solchen Fällen eine Interessenabwägung statt. Abgewogen wird das Interesse des Verantwortlichen – hier der Bürgerschaftskanzlei – meine Daten weiterhin zu nutzen, gegen mein möglicherweise entgegenstehendes „schutzwürdiges Interesse“. Das berechtigte Interesse der Bürgerschaftskanzlei liegt auf der Hand. Aber gibt es ein schutzwürdiges Interesse meinerseits, dass mein Name und meine Anschrift dort nicht weiter gespeichert und genutzt werden?

Ich befürworte eine überlegte und, soweit vertretbar, eine großzügige Interpretation dieser Vorschrift, um die Aufwände durch Einwilligungserklärungen möglichst klein zu halten.

So war ich denn auch geneigt zu sagen,

„meine schutzwürdigen Interessen sind nicht beeinträchtigt, wenn mein Name und meine Anschrift dort noch stehen und gelegentlich genutzt werden. Das sind ohnehin öffentliche Daten“.

Andererseits – nach 20 Jahren noch?

Da dieses Schreiben sicherlich nicht nur an ehemalige Abgeordnete, sondern auch noch an eine Reihe anderer betroffener Personen ging (Presseleute, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Abgeordneten …), von denen mehr Informationen als über mich gespeichert sind, hätte ich die Frage der weiteren Speicherung im Ergebnis aus rein praktischen Erwägungen allerdings genauso gelöst wie es die Bürgerschaftskanzlei getan hat. Eine Differenzierung zwischen „diese Speicherung und Nutzung ist auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 1 lit f) DSGVO wegen der Art der Daten und der Kürze der Zeit weiter gerechtfertigt“ und „diese braucht eine Einwilligung“ wäre vermutlich nicht praktikabel gewesen.

Die Alternative wäre nur gewesen, aus den alten Datenbeständen diejenigen Datensätze zu löschen, die zu alt waren um ohne Einwilligung weiter gespeichert zu bleiben, und den Rest auf der Grundlage des Art. 6 Abs. 1 lit f) DSGVO zu behalten. Für die hätte sich dann aber zwangsläufig auch irgendwann die Frage nach der Löschfrist bzw. des Einholens einer Einwilligung gestellt.

DSGVO hat Aufräumen in Gang gesetzt

Es zeigt sich an diesem Beispiel einmal mehr, dass die DSGVO an vielen Stellen ein Nachdenken über die Erlaubnis zum Speichern und Nutzen von Datenbeständen in Gang gesetzt hat, ein Aufräumen und Prüfen. Auch nach der alten Rechtslage hätte sich die Bürgerschaftskanzlei Gedanken über die Erlaubnis der Speicherung meiner Daten machen müssen, und zwar nicht erst nach 20 Jahren. Dass sie es jetzt tut, ist ein Verdienst der DSGVO. Richtig und durchdacht angewendet, können die so viel gescholtenen Vorschriften tatsächlich eine größere Transparenz und Kontrolle über unsere Daten bewirken.

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